Fantastische Farben in der Christuskirche in Elberfeld

Christuskirche | Unterer Grifflenberg 65, 42119 Wuppertal | Jakob Schwarzkopf | 1956

Von Lucy Degens

Zum Ende des 19. Jahrhunderts wurde der Bau der Christuskirche durch den Zuwachs der lutherischen Gemeinde initiiert. 1898 legte man den Grundstein mit der Inschrift „Jesus Christus, gestern und heute und derselbe auch in Ewigkeit“ auf einem Grundstück, das bereits einige Jahre zuvor aus Privatbesitz zur Verfügung gestellt wurde.

Das Gebäude ist im Stil des „bergischen Barocks“ gebaut und mit einem einzelnen Turm gekrönt. Gegliedert ist die Kirche in einen breiten Hauptsaal, der durch zurückhaltende schmale Pfeiler gestützt wird. Diese trennen ebenfalls den Hauptraum von kurzen wiederum breiten Seitenarmen, die das Gefühl eines gedrungenen modernen Einzelraums schaffen. Zu diesem Eindruck trägt ebenfalls die mit Holz vertäfelte Decke bei.

Zentral im Chor dieses Raums ist das auffällige Fenster „Der wiederkehrende Christus“ eines unbekannten Künstlers von 1956 zu sehen. Über drei Fenster erstreckt sich das Motiv des schwebenden Christi, der in weiß gekleidet ein Buch und eine Flamme auf seinen ausgestreckten Händen trägt. Von seiner Gestalt aus fliegen Engel mit Fanfaren fort, in Richtung dreier Menschengruppen am unteren Bildrand. Der Hintergrund der Szene ist in einem kräftigen rot gefärbt.

Die Bleiruten, die die einzelnen Glasscheiben verbinden, bilden ein wirres Netz, das von der Form den Anschein macht als wäre das Glas zertrümmert worden. Die einzelnen einfarbigen Glasflächen folgen in ihrer Form und Farbe nicht dem Motiv, das vermeintlich dargestellt werden soll. Stattdessen zersetzen die Bleiruten die Formen in viele kleinere, mit unterschiedlichen Farbtönen als hätten sie ein eigenes Leben. Das Ergebnis erinnert an die komplexen verschiedenen Perspektiven in den Werken von Pablo Picasso oder Georges Braque. Das Fenster kann in der Kombination des Themas und der Darstellungsweise erstmal verwirren, denn es ist nicht klar ob die Formen und Farben oder das Motiv im Zentrum stehen. Die Vermittlung der Bedeutsamkeit Christi wird zwar deutlich, aber gleichzeitig ist es ein Gefühl, das von den Farben und Formen vermittelt wird, statt einer Erzählung. Eines wird beim Betreten der Kirche durch beides klar: die Präsenz Christi (Sie entschuldigen, wenn ich sage: er ist wiedergekehrt – aber sowas von!). Aus den glühenden Glassplittern, die die Betrachter*innen in ihrer intensiven Farbigkeit förmlich anzuspringen scheinen, leuchtet Jesus Christus heraus. Hell, strahlend und überwältigend.

Ein weiteres auffälliges Fenster ist das von Jakob Schwarzkopf, das ebenfalls 1956 gefertigt wurde. Dieses Fenster zeugt die „Taufe Jesu im Jordan“ ab. In ein kurzes weißes Gewand gehüllt, bildet die Figur Jesu einen Segensgestus, während Johannes, in ein rotes Gewand gekleidet, Wasser auf sein Haupt träufelt. Oberhalb lässt sich die Taube des Heiligen Geistes ausmachen. Das Bleirutennetz scheint hier deutlich ruhiger. Nahezu regelmäßig gliedern die Bleiruten das Bildgeschehen und umranden die Motive. Diese geometrische Zergliederung der Formen, die in ihrer klaren Farbgebung und dominanten Horizontalen vergleichsweise ruhig ist, und die dunklen Augen sind typisch für Schwarzkopf. Er entwarf viele Kirchenfenster im Raum Trier und unter anderem auch ein Fenster der heutigen Familienbildungsstätte in Bonn. Das Fenster in der Christuskirche verblüfft mit einer besonderen Emotionalität der Farbe: die Kälte des Hintergrunds und die kontrastierende Wärme des Rots im Vordergrund wirken sich nahezu körperlich auf die Betrachter*innen aus.

Die intensive expressionistische Farbgebung haben die zwei Fenster gemein. Zudem wird in beiden Fenstern das Bleirutennetz genutzt, um die Motive zu sezieren und komplexer zu machen. Nichtsdestotrotz sind in dem Fenster von Schwarzkopf die dominanten Linien viel natürlicher geschwungen als die des unbekannten Künstlers. Zu sehen sind zwei scheinbar ähnliche und doch verschiedene Weisen mit Farbe und Form umzugehen. Sie treffen sich hier in der zentralen Position Jesu Christi, die zu der Inschrift des Grundsteins passt: „Jesus Christus, gestern und heute und derselbe auch in Ewigkeit“. Diese Präsenz nimmt er auch innerhalb der Glasmalereien ein und teilt sie den Besuchenden der Kirche durch direkten Blickkontakt mit. Durch diese sehr malerischen und farbintensiven Fenster ist die Christuskirche definitiv einen Besuch wert.