Burgwallanlage im Burgholz

Dieses Bodendenkmal befindet sich auf einem Bergzug im Staatsforst Burgholz auf Wuppertaler Stadtgebiet in unmittelbarer Nachbarschaft zu Solingen

Ploennies (1715), Wikipedia. Rote Markierung der Burgwallanlage hinzugefügt.

Im frühen Mittelalter war dieses Gebiet noch kaum erschlossen. Erst im 11. Jahrhundert setzte die Rodung im Umfeld des Burgholz ein. Deshalb wirft sich die Frage auf, wann und zu welchem Zweck hier, 150 Meter oberhalb der Wupper, eine Wehranlage errichtet wurde, deren Spuren noch heute in der Landschaft sichtbar sind.

In der schriftlichen Überlieferung hat die Wallanlage in keiner Weise Spuren hinterlassen. Und da bislang auch keinerlei archäologische Untersuchungen vorgenommen wurden, können die aufgeworfenen Fragen nur hypothetisch beantwortet werden.

In ähnlichen Wehranlagen an der Wupper, etwa in Solingen (Burg, Müngsten) oder Hückeswagen (Am Bielstein) konnten Grabungsfunde auf das 9./10. Jahrhundert datiert werden. In dieser Phase kann man folglich auch die Wallanlage Burgholz verorten, die vermutlich als Fliehburg für in den umliegenden Höfen und Dörfern beheimatete Bauern gedient hat.

Vielleicht ist sie im Umfeld der so genannten Burgenordnung König Heinrichs I. (919-936) zu verorten, der 926 anordnete, dass jeder neunte freie und zum Wehrdienst verpflichtete Bauer (agrarii milites) in einer Burg (urbs) wohnen, diese für den Verteidigungsfall instand zu halten (Widukind von Corvey I, 35) und mit Proviant auszurüsten hatte. Für seinen Unterhalt hatten die übrigen Bauern zu sorgen. Dass die Wallanlage im Burgholz in den Zusammenhang mit diesen Schutzmaßnahmen unter Heinrich I. gehört, lässt sich letztlich nicht nachweisen.

Im 9./10. Jahrhundert waren weite Teile des Bergischen noch unbevölkert. Urwald herrschte vor, der erst allmählich kultiviert und bevölkert wurde. Ab 1000 n. Chr. scheint sich die Lage verändert zu haben. Aber auch für diese Zeit, als sich allmählich die Grafschaft Berg herausbildete, liegen kaum schriftliche Quellen vor (Janssen, S. 28-32). Die Errichtung von Kirchen – etwa in Elberfeld, Solingen, Leichlingen, Herkenrath, Gummersbach und Eckenhagen – deutet darauf hin, dass die Besiedlung dichter wurde. Zugleich lässt sich archäologisch belegen, dass im 11./12. Jahrhundert der Erzabbau forciert wurde. Erst am Ende des 12. Jahrhunderts war „Das Bergische Land von mehr oder minder großen Siedlungsinseln überzogen…, wo im Rahmen kirchlicher und adeliger Grundherrschaften Ackerbau und Viehzucht betrieben wurden.“ (Janssen, S. 39)

In diese Zeit fällt vielleicht die Errichtung der Wallanlage im Burgholz. Vermutlich hat die von einem Graben umgebene und wohl in ihrer Mitte mit einem Turm versehene Anlage als Fliehburg gedient. Das heißt im Fall eines feindlichen Angriffs zog sich die Bevölkerung vereinzelter Höfe oder eines ganzen Dorfes hierher zurück. Allerdings konnten nur wenige Menschen in der Wallanlage Aufnahme finden. Gleichwohl bildeten solche Wehranlagen, durch Hohlwege untereinander verbunden, wirksame Verteidigungsstellungen. Zwar war der Wall nur wenige Meter hoch – hier betrug die Grabentiefe nicht mehr als 1,5 Meter – aber dennoch verschafften sie den Verteidigern eine erhöhte Stellung und boten ihnen einen Vorteil gegenüber den Angreifern. Zumal die Anhöhe ein so genannter „Verhau“ umgab, also ein Bewuchs von Gehölzen, der schwer zu durchdringen war.

Martin Kollmann, Landwehren (2007).

Folglich kam „dem Bodenprofil nur eine sekundäre Rolle zu, während die Abwehrkraft der Landwehr mit der Güte und … dem Alter ihrer Verhaue stand oder fiel.“ (Kollmann, S. 32) Der Aufwuchs des Verhaus erforderte Jahre, woran erkennbar ist, dass Wehranlagen wie die im Burgholz keine Provisorien waren, die im Verteidigungsfall angelegt wurden, sondern von langer hand geplant. Das gilt insbesondere, wenn sie zu Landwehren vernetzt waren, die die Grenze eines Territoriums schützen sollten. Solche Landwehren setzte die Territorialisierung von Herrschaft voraus, wie sie auch im Bergischen ab dem 14./15. Jahrhundert anzutreffen ist. (Brendler).

Ob die Wallanlage Burgholz in ein solches Landwehrnetz eingebunden war, ist ungewiss. Die Bergische Landwehr, die sich in eine innere und äußere gliederte, entstand erst gegen Ende des 14. Jahrhunderts. Auch wenn keine durchgehende Landwehrlinie erkennbar ist, haben sich an verschiedenen Orten, unter anderem in Elberfeld und Barmen, Reste derselben erhalten (Wegener, S. 319). Gehörte die Anlage im Burgholz zur (inneren) bergischen Landwehr, müsste ihre Errichtung in das spätere Mittelalter datiert werden, aber ihre Form spricht nicht dafür, weil spätmittelalterliche Landwehranlagen in der Regel breiter ausgebaut waren. Da in der Mitte der Anlage zu erkennen ist, dass dort offensichtlich ein Turm platziert war, spricht einiges dafür, dass es sich vom Typus her um eine frühmittelalterliche Motte handelt, eine Vorform der Burg, wie sie an vielen Orten des Bergischen zu finden ist und – sicher nicht im Burgholz – auch als Herrschaftssitze des Adels gedient hat.

Genaueren Aufschluss über die Zeit ihrer Errichtung und die Funktion der Wallanlage Burgholz setzten archäologische Grabungen voraus, von denen allerdings nicht sicher sein kann, dass sie tatsächlich neue Erkenntnisse zutage fördern würden.

Bergischer Geschichtsverein

Zum Weiterlesen

Brendler. Albrecht: Auf dem Weg zum Territorium. Verwaltungsgefüge und Amtsträger der Grafschaft Berg 1225-1380 (bergische Forschungen, Bd. 34), Bielefeld 2020.

Bruyn-Ouboter, Hans-Joachim de: 1200 Jahre Barmen, Wuppertal 2009.

Wegener, Wolfgang: Zum Zustand der Landwehren im Rheinland, in: Kneppe, Cornelia (Hrsg.): Landwehren. Zu Erscheinungsbild, Funktion und Verbreitung spätmittelalterlicher Wehranlagen (Veröffentlichungen der Altertumskommission für Westfalen LWL, Bd. 20), Münster 2014, S. 307-321.

Büttner, Heinrich: Zur Burgenbauordnung Heinrichs I, in: Blätter für deutsche Landesgeschichte 92 (1956), S. 1–17.

Capelle, Torsten: Landwehrbau, Kneppe, Cornelia (Hrsg.): Landwehren. Zu Erscheinungsbild, Funktion und Verbreitung spätmittelalterlicher Wehranlagen (Veröffentlichungen der Altertumskommission für Westfalen LWL, Bd. 20), Münster 2014, S. 25-34.

Erdmann, Carl: Die Burgenordnung Heinrichs I, in: Deutsches Archiv 6 (1943), S. 59–101.

Giese, Wolfgang: Heinrich I. Begründer der ottonischen Herrschaft, Darmstadt 2008.

Janssen, Wilhelm: Das Bergische Land im Mittelalter, in: Gorißen, Stefan/Sassin, Horst/Wesoly, Kurt (Hrsg.): Geschichte des Bergischen Landes, Bd. 1: Bis zum Ende des alten Herzogtums 1806, Bielefeld 2014, S. 25-140.

Jäschke, Kurt-Ulrich: Burgenbau und Landesverteidigung um 900. Überlegungen zu Beispielen aus Deutschland, Frankreich und England (Vorträge und Forschungen. Sonderband. Bd. 16), Sigmaringen 1975.

Kneppe, Cornelia (Hrsg.): Landwehren. Zu Erscheinungsbild, Funktion und Verbreitung spätmittelalterlicher Wehranlagen (Veröffentlichungen der Altertumskommission für Westfalen LWL, Bd. 20), Münster 2014.

Kollmann, Martin: Landwehren, in: Romerike Berge 57 (2007) 1, S. 27-39.

Last, Martin: Burgenbauordnung Heinrichs I, in: Lexikon des Mittelalters , Bd. 2., München/Zürich 1983, Sp. 1003 f.

Springer, Matthias: Agrarii milites. In: Niedersächsisches Jahrbuch für Landesgeschichte 66 (1994), S. 129–166.

Widukind von Corvey: Widukinds Sachsengeschichte (Quellen zur Geschichte der sächsischen Kaiserzeit, hrsg. v. Rau, Reinhold, übers. v. Bauer, Albert), Darmstadt 1971.