Am 8. Mai 1945 wurde in Berlin-Karlshorst die Kapitulationsurkunde unterzeichnet, was auch im von Bomben zerstörten Wuppertal das Ende der dunkelsten Zeit der deutschen Geschichte bedeutete. Bereits am 16. April waren US-amerikanische Truppen in Wuppertal über das Oberbergische einmarschiert. Was man über diese Zeit wissen muss, erfahren wir aus Geschichtsbüchern. Wesentlich authentischer und wertvoller sind diese spannenden und bedrückenden Informationen, wenn sie uns von Menschen erzählt werden, die diese Zeit miterlebt haben. Zeitzeuginnen und Zeitzeugen werden immer seltener – umso dankbarer konnten die rund 100 Gäste am vergangenen Donnerstagabend sein, die der Einladung des Bergischen Geschichtsvereins gefolgt sind und Edeltraut Moors, dem Unternehmer, ehemaligen Stadtverordneten und Kunstmäzen Eberhard Robke sowie Historiker Klaus Goebel gebannt zuhörten.
Die Einleitung übernahm der Vorsitzende des Bergischen Geschichtsvereins, Wolfgang Heinrichs, der gemeinsam mit Schauspieler Hans-Werner Otto Texte und Nachrichten aus den Tagen des Kriegsendes vortrug. Visuelle Unterstützung gab es in Form von historischen Fotos, die der Wuppertaler Fotograf Wolf Birke in eine Collage verarbeitet hat.
Bedrückende Themen,
spannend erzählt
„Da kommt einem alles hoch, wenn man darüber nachdenkt.” Edeltraut Moors, die im April 1945 noch keine zehn Jahre alt war, macht von Anfang an keinen Hehl daraus, wie schwer diese Zeit für sie und ihre Familie war. Umso größer war die Erleichterung, als „die Amerikaner die Hainstraße hinauf kamen und die Deutschen Soldaten abgeführt haben.” An einem besonders heißen Tag im April hat Moors mit ihrer Oma Wasser und Milch zu den US-Soldaten gebracht, die sich dafür mit Kaugummi und Weißbrot revanchiert hatten. „So was hatten wir noch nie gesehen. Und ein ganzes Fass Butter haben wir auch geschenkt bekommen. Wir wussten, dass wir von den Amerikanern nichts zu befürchten hatten.” Was ihr besonders in Erinnerung geblieben ist, ist der enorme Zusammenhalt in der Gesellschaft. In der Not ist man zusammengerückt und hat sich unterstützt, wo es nur ging.
Historiker Klaus Goebel war zehn Jahre alt, als er 1945 aus Thüringen nach Wuppertal kam. Als er die Kanonen der US-Armee schon von weitem hörte, befand er sich über der Toilette gebeugt und hat das braune Hemd vom Jungvolk – der Vorstufe der Hitlerjugend – in viele kleine Stücke geschnitten. „Ich hatte einen großen Bammel, denn ich hörte die Kanonen schon aus der Ferne. Eine Stunde später standen wir Kinder vor einem Panzerwagen und haben die US-Soldaten mit den ersten Brocken Englisch angebettelt: „Have you Chewing Gum?“. Kaugummi – das war, was wir jetzt brauchten.” In der Folgezeit begann das sogenannte Hamstern, also das Einsammeln und Lagern von so vielen Lebensmitteln wie möglich. Selbst ein einfacher Salat und eine Porreestange wurden gehortet wie ein kleiner Schatz.
Der gebürtige Wuppertaler Eberhard Robke hat das Kriegsende im Alter von neun Jahren erlebt und überlebt, denn ein Artilleriegeschoss traf sein Elternhaus. Nur durch reinen Zufall wurde niemand dabei verletzt. „Mein Onkel ist kurz vor dem Einschlag aus seinem Stuhl aufgestanden, als ein Artilleriesplitter genau dort gelandet ist.” Auch erzählt Robke, dass Wichlinghausen – im Vergleich zu den beinahe komplett zerstörten Stadtteilen Barmen und Elberfeld – nahezu verschont geblieben ist.
Viele Zuhörer nutzten die Möglichkeit, persönliche Fragen im Anschluss zu stellen.
Von Michael Walmsley aus der WZ vom 9. Dezember 2025, Foto: Herbert Gönster

