Anno 1954: Verwaltung Modern Gedacht: Finanzamt Elberfeld

Bauherr: Finanzbauamt Düsseldorf | Bauleiter: Oberbaurat Genenger | Bauzeit: 1954-1956 | Adresse: Kasionstraße 12 (Elberfeld) | Denkmal seit: 2001 | Denkmalnummer.: 4162

Das Hauptgebäude des von 1954-1956 errichteten Finanzamts Elberfeld an der Kasionstraße weist acht Geschosse auf. Wobei sich optisch nur das unterste Geschoss und das Attikageschoss von den anderen unterscheiden. Das unterste Geschoss ist mit dunkeln Natursteinplatten verkleidet, im Haupteingangsbereich befindet sich eine hervortretende Überdachung und ein paar Stützsäulen. Das Gebäude ist in der Stahlbetonskelletbauweise errichtet worden, die Längsfront besitzt pro Geschoss 29 Fenster. An der nördlichen Seitenfront (zur Kolpingstraße) sindjeweils 6 Fenster und an der südlichen Seitenfront (zur Friedrich-Ebert-Straße) jeweils 3 Fenster pro Geschoss verbautworden. Die Geschosse zur Kasino- und Friedrich-Ebert-Straße wurden mit hellen Natursteinplatten verkleidet, die übrigen Fronten hell verputzt. Das oberste Geschoss steht optisch zurück und wird mit einem vorstehenden Dach, welches auf schlanken Säulen ruht, abgeschlossen.

In der Friedrich-Ebert-Straße befindet sich ein fünfgeschossiger Anbau in L-Form, der ebenfalls zur Straßenseite mit Natursteinplatten verkleidet wurde und zum Innenhof verputzt ist und flach gedeckt wurde.

(C) Bergischer Geschichtsverein, Abteilung Wuppertal e.V. / Andreas Komotzki

Die Idee des ursprünglichen Grundrisses und die Ausstattung der Innenräume sind größtenteils erhalten. Ein Beispiel hierfür ist das Treppenhaus mit einem einfachen Rundstabgeländer und den Ätzglasscheiben und einem Paternoster. Die Pförtnerloge, die Eingangshalle sowie die Linoleumfußböden konnten ebenfalls erhalten werden, ebenso die Sitzbänke und Beleuchtungseinheiten in den Treppenräumen und Fluren.

(C) Bergischer Geschichtsverein, Abteilung Wuppertal e.V. / Andreas Komotzki
(C) Bergischer Geschichtsverein, Abteilung Wuppertal e.V. / Andreas Komotzki

Denkmalbegründung

„Das Finanzamt Elberfeld ist bedeutend für die Geschichte des Menschen und der Stadt Wuppertal als Zeugnis der Architektur des Wiederaufbaus. (…) Dieser stellt sich als Produkt aus Konstruktion und Funktionalität dar, das den Anforderungen und Aufgaben eines modernen Verwaltungsgebäudes gerecht wird. Die Stahlbetonskelettkonstruktion entspricht der vorherrschenden Bauweise im Verwaltungsbau der 1950er Jahre und evoziert mit dem Element des Rasters den Eindruck konstruktiver und räumlicher Ordnung. Der Baukörper mit seinen streng rhythmisierten, der Logik des Skelettbau-Konstruktionsprinzips verpflichteten Erscheinungsbild verweist einerseits auf die Addition vieler gleicher Raumeinheiten. Andererseits offenbart die Natursteinplattenverkleidung des Baukörpers, die auf Transparenz bei der Fassadengestaltung und Sichtbarmachung des Konstruktionsprinzips verzichtet, dass das Gebäude zur Gruppe der Nachkriegsarchitektur zählt, die sich eher einer traditionellen Form- und Gestaltgebung verpflichtet weiß. Das Verwaltungsgebäude des Finanzamtes Wuppertal-Elberfeld stellt ein anschauliches, gut erhaltenes Beispiel eines Verwaltungsgebäudes der 1950er Jahre dar und zeichnet sich durch ein hohes Maß an Originalsubstanz aus.

(…) Mit dem gegenüberliegenden Gebäudekomplex der ehemaligen Enka Glanzstoff AG, der 1954 von Hanns Dustmann errichtet wurde und mit seinem 15-geschossigen Verwaltungshochhaus eine städtebauliche Dominante schafft, bildet das Elberfelder Finanzamt einen wichtigen städtebaulichen Schwerpunkt, der die Konzeption der Nachkriegsplanungen dokumentiert. Definitionen wie „Schwingung“, „fließender Raum“ wurden zu Schlüsselbegriffen im Städtebau der Nachkriegszeit, auch als bewusster Kontrast zum axial ausgerichteten, hierarchischem Ordnungszwang folgenden Städtebau des Dritten Reiches einerseits und den unübersichtlichen, verschachtelten Strukturen vorhergehender Epochen andererseits. Ein neues Lebensgefühl sollte sich in der „aufgelockerten Stadt“ in einer rhythmisch gegliederten „Stadtlandschaft“ dokumentieren, die auch die betonte Vertikale als Gliederungsfaktor einbezog. Die städtebauliche Konzeption am Friedrich-Ebert-Kasino-Straßen-Kreuz mit Elberfelder Finanzamt und Glanzstoffgebäudegruppe erscheint als konkretisierte Theorie städtebaulicher Bestrebungen der Nachkriegszeit.“[1]


Anmerkungen

[1] https://www.wuppertal.de/denkmalliste-online/Detail/Show/4148 (Stand: 28.01.2021).